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Deutsche Transkripte 1950 bis 1995

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Ein Repertorium

Einleitung

Nachdem durch die schnelle Entwicklung technischer Aufzeichnungsverfahren die Möglichkeiten immer mehr gewachsen sind, die flüchtige gesprochene Sprache in ihrer akustischen Qualität dauerhaft zu machen, hat sich die Arbeitsgrundlage für alle mit Sprachen befaßten Wissenschaften, insbesondere für die Linguistik und ihre verschiedenen Nutzungsfelder, drastisch zum besseren verändert. Durch diese technischen Entwicklungen wurde es zunehmend möglich, den zunächst recht abstrakten Forderungen nach stärkerer Beachtung der gesprochenen Sprache innerhalb der Linguistik Rechnung zu tragen, wie sie seit dem Ende des 19. Jahrhunderts erhoben wurden.

Allerdings liegt zwischen der Möglichkeit und der Umsetzung ein langer Weg. Zu sehr war die analytische Praxis und noch mehr die Theorie der Sprachwissenschaft auf die jahrtausendelange Bindung an die Schrift fixiert, als daß sich das Arbeiten mit gesprochenen Sprachdaten zügig hätte durchsetzen können. Zwar gingen gerade von der Phonetik einerseits, der Dialektologie andererseits kräftige Impulse aus, aber für jene Bereiche, die sich als "Grammatik", als buchstabenbezogene Technik, zum Kerngebiet der Linguistik erklärten, erschien die Befassung mit gesprochener Sprache doch lange als peripher, ja als apart.

So waren es nicht zuletzt linguistikferne Befassungen mit Sprachen, insbesondere solche der Ethnologie und Ethnographie, von denen her eine stärkere Beachtung der gesprochenen Sprache ausging. Die Bemühungen, die späterhin unter dem Stichwort "Pragmatik" zusammengefaßt wurden, leisteten schließlich innerlinguistisch eine Umorientierung hin zur Faktitzität mündlicher Kommunikation.

Das Arbeiten mit gesprochener Sprache ist sehr aufwendig. Nicht nur müssen unter Feldbedingungen die Aufnahmen selbst zustande gebracht werden; sind vielmehr die Aufnahmen gewonnen, so setzen sich die Anforderungen verstärkt fort: Damit mit den Daten konkret gearbeitet werden kann, ist die eine oder andere Form der Schriftlichkeit erforderlich, ja unumgänglich. Für die eher traditionell orientierten Fragestellungen boten und bieten sich hierfür die Verschriftlichungsverfahren der phonetischen Transkription, des "International Phonetic Alphabet (IPA)" der Association Phonétique Internationale (API), an, die kontinuierlich verbessert wurden (vgl. Schiefer / Pompino-Marschall 1996). Diese sind im Verfahren CRIL (Computer Representation of Individual Languages) für modernste Verfahren weiterentwickelt worden (s. Tillmann / Pompino-Marschall 1993).

Für zahlreiche Zwecke der Analyse gesprochener Sprache aber waren derartige Verfahren einerseits zu reich, andererseits in bezug auf die Wiedergabe einer Vielzahl von Facetten der tatsächlichen gesprochenen Kommunikation nicht ausreichend. So wurde es erforderlich, andere Transkriptionssysteme zu entwickeln, die zum Teil an Verfahren der "literarischen Umschrift" innerhalb der Dialektologie anknüpfen konnten. Die Initiativen des "Instituts für Deutsche Sprache" mit seinem großen Freiburger Projekt "Gesprochene Sprache", vor allem dann aber eine Vielzahl kleinerer und größerer Projekte, insbesondere im Zusammenhang der sich entwickelnden linguistischen Pragmatik, der Diskursanalyse, Gesprächsforschung und der Konversationsanalyse führten sowohl zur Entwicklung weiterer Transkriptionsverfahren wie auch zur Erstellung – meist projektbezogener – Transkripte. Verfahren wie die "Halbinterpretativen Arbeitstranskriptionen (HIAT)", die bis zur Computerunterstützung vorangetrieben wurden (HIAT-DOS, SyncWriter), weitgehend automatisierte Transkriptionsentwicklungen wie die des BAS am Institut für Phonetik und sprachliche Kommunikation der LMU München und Initiativen wie das GAT (Selting u.a. 1998) zeigen die Spannbreite von Möglichkeiten und Problemlösungen auf (vgl. Edwards / Lampert 1993; Redder 2000).

Die Projektgebundenheit vieler Transkriptionen hat zur Folge, daß die erheblichen Arbeitsaufwendungen, die für das Erstellen und Verwalten von Transkripten erforderlich sind, sich häufig im Einzelprojekt erschöpfen. Die einmal gewonnenen Daten könnten aber für viele andere Fragestellungen weitergenutzt werden – wenn nur die Kenntnis über sie besser verbreitet wäre.

Die von Peter Wagener unternommene Initiative zur Sammlung bestehender Korpora, die in Wagener / Bausch 1997 dokumentiert sind, hat einen Überblick über das verschafft, was an Primärdaten vorhanden ist. Viele dieser Datensammlungen sind freilich nur in einem beschränkten Umfang auch tatsächlich transkribiert. Auch ist die Zugänglichkeit der Daten leider nicht immer ganz einfach.

Demgegenüber finden sich in den Publikationen des letzten halben Jahrhunderts zahlreiche tatsächlich allgemein zugängliche Transkripte. Mit diesen kann leicht weitergearbeitet werden – besteht nur ein hinreichender Überblick. An einem solchen Überblick fehlte es jedoch bisher. Dies hat uns veranlaßt, eine systematische Sammlung der entsprechenden Informationen vorzunehmen. (Sie wurde von Ende 1992 bis Ende 1994 durch eine von der Universität Dortmund beantragte ABM ermöglicht, durch die Dr. Reinhold Glas in die Lage versetzt wurde, entsprechende bibliographische Daten zusammenzustellen; die Beantragung stand unter der Leitung von Prof. Dr. Konrad Ehlich und nach dessen Wechsel an die LMU München unter der von Prof. Dr. Bernhard Engelen. Wir danken dem Dortmunder Arbeitsamt, der Universität Dortmund und Professor Engelen auch an dieser Stelle für die dem Vorhaben gewährte Unterstützung.) Die Datensammlung wurde von Reinhold Glas bis ins Jahr 1995 fortgeschrieben, ausgewertet und anschließend publikationsfähig gemacht.

Das Ergebnis dieser Arbeit legen wir nun vor. Es ist eine Fundstellensammlung, ein Repertorium deutscher Transkripte, das vor allem für die weitere Nutzung durch an der Erforschung gesprochener Sprache interessierte Kollegen und Kolleginnen, Kommilitonen und Kommilitoninnen gedacht ist. Einerseits wird sie in der Hamburger Reihe "Arbeiten zur Mehrsprachigkeit" zugänglich gemacht. Andererseits findet sich hiermit unter www.Ehlich-Berlin.de/DTR eine elektronische Fassung.

Das Repertorium verzeichnet publizierte Transkripte aus dem deutschsprachigen Raum sowie einige anderssprachige Transkripte von 1950 bis 1995. Es besteht aus

und einem Anhang mit

Die allgemeine Bibliographie enthält, ausgenommen einige Titel, die (damals noch) nicht beschafft werden konnten, zusätzlich zu den bibliographischen Angaben einige weitere Informationen:

unter (B) einige Stichwörter oder Bemerkungen zur näheren Kennzeichnung der Transkripte
unter (K) Angaben zu dem zugrundeliegenden Korpus
unter (S) die Angabe der Seiten, auf denen sich die Transkripte befinden
unter (T) die Angabe der Seiten, auf denen die Transkriptionszeichen und das Transkriptionsverfahren, das verwendet wurde, erläutert werden. Findet sich keine Angabe, so wurde die Verschriftlichung ohne Bezug auf ein bestimmtes Transkriptionsformat vorgenommen.

Titel, bei denen es sich um reine Transkriptbände handelt, sind mit ++ markiert, Titel, die umfängliche oder sehr viele Transkripte enthalten, mit **.

Sammelbände, die nur einen Beitrag mit Transkripten enthalten, sind nicht eigens aufgeführt, sondern nur unter dem Verfasser des einen Beitrags zu finden. In den übrigen Fällen wird der Sammelband eigens aufgeführt, unter den Verfassern der jeweiligen Beiträge wird dann auf den Sammelband verwiesen.

Angeführte Literatur

BAS Das Bayerische Archiv für Sprachsignale: http://www.Phonetik.Uni-Muenchen.de/Bas/BasHomedeu.html

Edwards, Jane A. / Lampert, Martin D. (eds.) (1993) Talking Data: Transcription and Coding in Discourse Research. Hillsdale, NJ: L. Erlbaum

Ehlich, Konrad (1992) HIAT – a Transcription System for Discourse Data. In: Edwards, Jane A. / Lampert, Martin D. (eds.) (1993), pp. 123-148

Redder, Angelika (2001) Aufbau und Gestaltung von Transkriptionssystemen. Art. 103 in: Gerd Antos et al. (eds.) Text- und Gesprächslinguistik, Bd.1, HSK 16.1, Berlin, New York: de Gruyter, S.283-295

Schiefer, Lieselotte / Pompino-Marschall, Bernd (1996) Phonetische Transkription. Artikel 142 in: Hartmuth Günther, Otto Ludwig u.a. (Hgg.) Schrift und Schriftlichkeit. Writing and Its Use. HSK 10.2, Berlin, New York: de Gruyter, 1583-1591

Selting, Margret et al. (1998) Gesprächsanalytisches Transkriptionssystem (GAT). In: Linguistische Berichte 173, 91-122

Tillmann, Hans G. / Pompino-Marschall, Bernd (1993) Theoretical Principles Concerning Segmentation, Labelling Strategies and Levels of Categorical Annotation for Spoken Language Database Systems. In: Eurospeech ´93. 3rd European Conference on Speech Communication and Technology, Vol. 3, 1691 ff.

Wagener, Peter / Bausch, Karl-Heinz (1997) Tonaufnahmen des gesprochenen Deutsch. Dokumentation der Bestände von sprachwissenschaftlichen Forschungsprojekten und Archiven (Phonai 40). Tübingen: Niemeyer

© Copyright by Reinhold Glas (Dortmund) und Konrad Ehlich (Berlin, früher: München), 2000. Letzte (technische) Änderung: 2007-10-01[ zum Anfang dieser Seite ]